„Mein bester Freund hat noch nie ein Wort mit mir geredet“, sagte neulich eine Bekannte zu mir und machte mich zunächst einmal sprachlos. Ihre Fröhlichkeit allerdings, die sie dabei an den Tag legte, passte so gar nicht zu der doch eigentlich ziemlich traurigen Botschaft - und wenige Augenblicke später verstand ich, dass sie über ihren Hund gesprochen hatte.

Und in ihrer Aussage liegt so viel Wahrheit. 
Botschaften ohne Sprache. 
Ein Schwanzwedeln drückt mehr Freude und Freundlichkeit aus, als tausend Worte.
Ein aufmunternder Stups mit der Pfote motiviert mehr als jedes Argument.

Hunde sind treue und bedingungslose Begleiter des Menschen und sehr oft nicht nur Freund sondern auch Therapeut - ganz gleich ob man sie bewusst einsetzt oder der Mensch ganz unbewusst von ihnen profitiert.

Hier geht es natürlich um den bewussten und professionellen Einsatz der Vierbeiner im Rahmen der Initiative „Kurve kriegen“.

Das Ziel der Arbeit mit den Hunden ist es, nicht nur eine positive Atmosphäre zu schaffen, sondern auch vorhandene Ressourcen der jungen Menschen zu erkennen und fördern zu können. Die Hunde stellen in diesem Kontext einen hohen Anreiz für Aktivierung und Motivation dar, was soziale, kognitive, kommunikative und motorische Fähigkeiten anspricht und fördert. Hierbei zeigen sich in der Regel erhebliche positive Auswirkungen auf die Beobachtungsgabe, die Selbst- und Fremdwahrnehmung sowie auf emotionale, soziale und kommunikative Kompetenzen. Darüber hinaus lernen die jungen Zweibeiner mithilfe der Hunde, selber Verantwortung für ihr Handeln zu übernehmen, selbstsicher und selbstbestimmt aufzutreten, eigenverantwortlich Entscheidungen zu treffen und Handlungen bewusst und achtsam auszuführen, was wiederum Tendenzen zu impulsiven Verhaltensweisen und Gewalthandlungen reduziert.

In meinem Fall ist es mein Therapiebegleithund Lio, der schon lange an meiner Seite arbeitet und meine Hündin Mali, die gerade ihre Ausbildung absolviert.

Beide nutze ich für die Arbeit mit den Klienten und gerne möchte ich an einem kurzen Beispielfall über den jüngsten Einsatz meiner beiden Helfer berichten.

Ahmed ist 12 Jahre alt und seit acht Monaten Teilnehmer bei „Kurve kriegen“. Er ist vor einigen Jahren mit seiner Familie aus seinem Herkunftsland geflohen und hat in seinem kurzen Leben schon viel erlebt. Ich arbeite zurzeit intensiv mit ihm an seinem Aggressions- und Gewaltverhalten und er hat es nun schon ganze sechs Wochen geschafft, in keine einzige körperliche Auseinandersetzung zu geraten. Ahmed hat mir vor einiger Zeit erzählt, wie toll er Hunde findet und dass er später einmal gerne einen eigenen großen Hund hätte. Seine Mutter und seine Geschwister haben Angst vor Hunden und ein Hund ist doch so teuer, sagt er, deshalb könne er noch keinen eigenen haben. Deshalb überrasche ich ihn, als ich ihn von der Schule abhole und meine beiden Hunde mitbringe.

Als der 12-jährige ins Auto einsteigt und die Hunde sieht, ist er kurz sprachlos und strahlt dann über das ganze Gesicht.
„Du hast mir ja Deine Hunde mitgebracht! Ich freu mich so!“, ruft er und ich erkläre ihm, dass ich ihm für seine Mühe und sein Durchhaltevermögen in den letzten Wochen eine kleine Freude machen wollte.

Eine junge Person spielt mit zwei Hunden auf einem Waldweg

Wir fahren gemeinsam zum Rhein und gehen spazieren. Ahmed rennt mit Lio um die Wette, macht verschiedene Tricks mit ihm und versteckt Leckerchen für Mali. Ich erlebe den Jungen häufig als sehr ernst. Heute jedoch wirkt er total glücklich und unbeschwert. Meine Hunde kennen die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen gut und reagieren sehr positiv auf ihn.

Nach einer Stunde kehren wir zum Auto zurück und ich bringe ihn nach Hause. Zum Abschied streichelt er die Hunde noch einmal und bedankt sich bei mir für den kleinen Ausflug.

„Heute war einer der schönsten Tage meines Lebens, danke!“, ruft er zum Abschied und ich sehe, wie der sonst so ernste und bedrückte Junge von einem Ohr zum anderen grinst.

Für mich ist klar: Ahmed und die beiden Hunde „matchen“. Ihre Pfotenabdrücke haben sie auf seinem Herzen hinterlassen. Sie tun ihm gut und erleichtern mir meine Arbeit mit ihm.

Fortsetzung folgt - das ist sicher...